Die Felsenau liegt am Übergang des Walgaus zum Rheintal und die stetige Kraft des Illflusses schuf hier über Jahrtausende einen engen Durchlass, der beide Täler miteinander verbindet. Dieses Nadelöhr wird beiderseits gesäumt von bewaldeten Felsrücken, deren nackte Oberflächen im Bereich des Durchlasses schluchtartig aneinanderstoßen. Die Eisenbahnlinie, eine jeweils zweispurige Landesstraße und der Radweg bahnen sich mittels teils massiver Verkehrsbauten den Weg durch diese Verengung in die ansonsten weitläufigen Täler. Zusätzlich läuft die Gemeindestraße Felsenau in Richtung dieser Verengung und quert kurz davor als Brückenbauwerk die Ill in Richtung Göfis Stein um auf der gegenüberliegenden Seite wieder in den Walgau zu führen. Der Bauplatz für den künftigen Bauhof Felsenau liegt am Eingang dieser topographisch markanten und naturräumlich interessanten Stelle.
Die funktionalen Erfordernisse, die einen Maßstabssprung zwischen dem Bauhof und den angrenzenden Einfamilienhäusern generieren einerseits, sowie die zahlreichen Verkehrsbauten und der Naturraum andererseits, führten in unserer Analyse und Interpretation der Gegebenheiten zu einem klar umrissenen, aber stark durch den Naturraum geprägten Gebäude. Rechtwinkelig aufgebaut, funktional nach innerem Ablauf und verschiedenen Raumhöhen strukturiert und dem Verhindern von nächtlicher Schallemission hohe Priorität eingeräumt. Die versiegelten Flächen werden zu großen Teilen durch ein intensiv bepflanztes Dach kompensiert, dass das Gebäude mehr dem Naturraum als der gebauten Umgebung zuschreiben soll. Zudem werden die Außenwände in Lehmbauweise errichtet, was den Maßstabssprung gegenüber den Einfamilienhäusern verringern und dem Naturraum der Umgebung wieder mehr Gewicht geben soll.
Die Positionierung des Baukörpers erfolgt annähernd parallel zur Straße, eine klar gegliederte Fassade unterstützt den ruhigen, aber auch selbstbewussten Auftritt des neuen Bauhofes. Die drei Säuleneichen im südöstlichen Fassadenbereich kontrastieren dabei bewusst die Fassadenlänge, insgesamt soll der straßenseitige Teil einen aufgeräumten Eindruck erwecken. Um die Schallemission für die benachbarte Wohnbebauung weitgehendst zu minimieren wird der neue Bauhof als Anlage mit überdachtem Innenhof konzipiert. Alle Tore der Werkstätten liegen auf der vom Siedlungsgebiet abgewandten Seite und somit erfolgt eine möglichst große Abschirmung zum Wohngebiet. Zudem kann während den Nachtstunden der Innenhof komplett mit Schiebetoren geschlossen werden und damit die Lärmbelästigung nochmals reduziert werden.
Das rechtwinkelig aufgebaute Gebäude folgt in der inneren Organisation einfachen Grundprinzipien. Funktionale Zusammenhänge, Flächenbedarf, Raumhöhen und Schallemission sind die auschlaggebenden Kriterien. Beheizte Räume sind allesamt im gemeinsamen Verbund angeordnet, unbeheizte auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes platziert. Im Innenhof weicht der naturnahe Charme der Außenhülle dem eines funktionalen, technischen Gebäudes. Licht dringt über das verglaste Dach in den Innenhof des Bauhofes und lässt auch bei Regen und Schneefall die einzelnen Arbeitsbereiche zusammenfließen. Die zahlreichen, meist verglasten Garagentore geben den Blick frei in das Innere der Werkstätten, die durch ein durchgehendes Oberlichtband belichtet werden. Zusätzlich geben gerahmte Fenster in Augenhöhe den Blick frei in Richtung Walgau und der Bergwelt des Großen Walsertales.
Das Entwurfskonzept verfolgt parallel mehrere Ansätze, die zusammen ein energetisch optimiertes und in der Herstellung möglichst ressourcenschonendes Gebäude ergeben. Der Ausbruch der nahegelegenen Tunnelbaustelle (Stahlbeton) sowie Aushubmaterial in der Nähe befindlicher Baustellen (Lehm) sind die Grundbaustoffe der Konstruktion. Beide Materialien sind wartungsarm und widerstandsfähig im Gebrauch. Eine einfache Konzeption des Bauwerkes und wartungsarme Materialien gepaart mit hohem Vorfertigungsgrad sind ein Garant für eine sehr effiziente Errichtung und Nutzung! Das intensiv bepflanzte Gründach kompensiert einen Großteil der versiegelten Fläche, sorgt für angenehme Kühlung im Sommer und für eine Rückhaltung der Niederschlagswasser auch bei Starkregen. Weiters bildet der auf diesen Gründach entstehende Naturraum einen Beitrag zur Artenvielfalt und wirkt der hohen Bodenversiegelung entgegen. Die vorgefertigten Stampflehmwände benötigen keine Energie für die Materialerzeugung und brauchen zur Herstellung keine zusätzlichen Bindemittel, können vollständig recycelt und in der Region erworben werden.
Wettbewerb
Projektteam: Karoline Knauer, Nikolaus Schallert, Bernhard Wüst
Leistungen: Entwurf